Sonntag, 5. April 2020

Virus der Vernunft



Das Titelbild dieser Wochenschau ziert die von der Redaktion -wobei vermutlich im Moment der Großteil der Weltbevölkerung einen individuellen aber ähnlichen Favoriten hat- aktuell meistbesuchte Homepage. Deren Inhalt, wer hätte es in diesen Wochen geahnt, beschreibt täglich die Entwicklung der pandemischen Situation im Gastland. Nachdem die Redaktion kurz vor dem totalen Stillstand -wegen einer anderen gesundheitlichen Frage- ausgeflogen wurde, beobachtet man dies sehr wachsam. Ebenso wie auf dem restlichen Globus ist die Entwicklung  in Ghana -um im Jargon des AA zu bleiben- mehr als „dynamisch“ und im Moment ist die Zukunft dort sehr schwer einzuschätzen.





Natürlich ist die medizinische Infrastruktur nahe dem Äquator nicht vergleichbar mit der hiesigen. Nachdem aktuell scheinbar jedes Land nach der Anzahl dessen Intensivbetten bemessen wird, dürfte Ghana mit 40 Betten eher im hinteren Bereich stehen. Ähnlich sieht es in ganz Westafrika aus, wobei Ghana und besonders Accra dort als eines der absoluten Vorbilder einzustufen ist. Im Verhältnis zum restlichen Kontinent trifft dies sicherlich zu.
Andererseits sind natürlich Dinge wie z.B. social distancing auf diesem Kontinent nur denkbar schwer umzusetzen. Soziale Distanz ist hier lediglich für den gut bis hervorragend situierten Teil der Bevölkerung möglich. Für den Rest bedeutet jegliche soziale Distanz keine Einnahmen und damit eine fehlende Mahlzeit für die Familie. Dazu kommen weitere Schwierigkeiten wie, dass sich bspw. Hände waschen ohne fließend Wasser zuhause schwer umsetzen lässt. Der Weg zum öffentlichen Wasserhahn, Quelle o.ä. mit vielen, vielen anderen -egal ob auf dem Land oder in der Stadt- ist ohne soziale Distanz ausgeschlossen.
https://www.aljazeera.com/indepth/opinion/africa-social-distancing-privilege-afford-200318151958670.html?fbclid=IwAR1EQWBLw_d4UNE8ocqw2S_5HBRlXPVtGbaC5GxgVl7iKGswY9Cvw52UZ2w 

https://www.graphic.com.gh


https://thebbcghana.com/photo-ive-arrested-spiritually-coronavirus-from-entering-ghana-archbishop-duncan-williams/

Aber auch wenn die klassisch, afrikanische Lösung den Virus durch Gebete zu verbannen leider nicht funktioniert hat, so hat der Kontinent dennoch einen größeren Erfahrungsschatz mit Krankheiten dieser Größenordnung. Diese wird die medizinische Unterversorgung nicht ausgleichen können, dennoch haben Ebola o.ä. Erfahrungswerte geliefert die sich heutzutage auszahlen werden. Über eine Dekade an Reisen nach Westafrika hat man sich über Einreisebestimmungen, Impfpasskontrolle und Fieber Tests amüsiert. Mittlerweile lacht darüber niemand mehr und der Kontinent profitiert von diesen seit langer Zeit vorhandenen Strukturen. Dazu kommt ein klar hierarchisches Denken, Anweisungen werden - ohne durch Kontrollinstanzen zu gehen- zügig und ohne zu hinterfragen umgesetzt. Aus demokratischer Sichtweise könnte man dabei durchaus Nachteile erkennen, bei der gebotenen Eile durch die weltweit bestehende Situation kann dies auch von Nutzen sein. Der größte Vorteil des Kontinents dürfte allerdings die Altersverteilung und die damit einhergehende fehlende Überalterung der Gesellschaft sein. Lediglich 3% der Bevölkerung sind über 63, dafür 41% unter 15 Jahre alt und dieses wird noch durch eine andere physische Konstitution verglichen mit unserer westlichen Wohlstands- und Wegwerfgesellschaft unterstrichen.



Ob dies ausreicht um fehlende medizinische Einrichtungen auszugleichen bleibt abzuwarten. Aktuell kann man für die Menschen in den betroffenen Ländern nur hoffen dass ihnen Szenen wie anderenorts auf diesem Globus erspart bleiben. Leider zeigt sich bereits weltweit, dass dieser vielerorts trendige Populismus ein Luxus ist den man sich leisten können muss. Denn auch ein Trump, Erdogan, Orban, Bolsonaro, you name it, spüren, dass die Akten der Sachlichkeit steigen (Nr.12, Die ZEIT), sobald die Börsenkurse abstürzen. Die Stimmungspolitik solcher Demagogen, Fantasten und Maulhelden wirkt plötzlich sehr viel weniger attraktiv. Hoffentlich ist der Preis, den die Menschen dafür zahlen werden, nicht allzu hoch. Zum Glück hat sich die Regierung des Gastlandes an der Allianz der Vernunft orientiert, Ausgangssperre, Kontaktverbot, geschlossene Grenzen etc. eingeschlossen. Es wäre den Menschen dort mehr als zu wünschen, dass ihre Anstrengungen belohnt und sie vom Schlimmsten verschont bleiben. 
Wann die Redaktion wieder zurückkehren kann ist im Moment allerdings völlig offen. Die Lage wird beobachtet und man hofft auf eine baldmögliche Normalisierung. Bis dahin wünscht die Redaktion der verehrten Leserschaft in diesen Tagen vor allem Gesundheit grüßt vom alternativen Apfelwein-Sundowner!
 

Montag, 9. März 2020

Unabhängig LXIII




Während die Regierung des gastgebenden Landes mit allen militärischen Ehren den 63. Geburtstag der Unabhängigkeit im fernen Norden des Landes, diesmal abgehalten in Kumasi, die großen Städte sind nacheinander Gastgeber der prestigeträchtigen Veranstaltung damit alle Provinzen sich gleichermaßen wichtig erscheinen,  begeht, ist die Redaktion der Wochenschau in weniger weit entfernten Gefilden verblieben. Bei den herrschenden, angenehmen Temperaturen kann eine stundenlange Darbietung der Streitkräfte durchaus etwas ermüdend wirken, dies spiegelt sich auch in der regelmäßig hohen Anzahl kollabierender Schulkinder wieder, die in deren Rahmen stundenlang in der Sonne strammstehen dürfen. 



Dennoch wird von allen Seiten gratuliert und auf allen Seiten zelebriert und durch den ersten, halbwegs passablen Swell der anbrechenden Saison war die Wahl der Redaktion für den Ort der Feier ein Leichtes. Wie Berichte wagemutiger Sportsfreunde im Nachhinein zeigten, hätte man allerdings den Ort der eigenen Feierlichkeiten durchaus noch weiter nach Osten verlegen können. Für die Zukunft gut zu wissen, die wesentlichen Werte sind gespeichert.





Dafür will die Redaktion alle erfahrenen Leser an Ex-Kollegin Ms. J. Klu erinnern, die sich mittlerweile in England gänzlich ihrer Passion, der Kunst, verschrieben hat. Details dazu folgen zeitnah, wir hoffen auf eine baldige Kontaktaufnahme in Europa. 

Abgerundet wurde das verlängerte WE dann mit einem Sundowner im 25. Stock. Eingerahmt von Einflugschneise und Ozean, mit Blick auf die Bergkette von Aburi und die Hügel von Kokrobite eine beeindruckende Kulisse, mit -speziell für diesen Kontinent- beeindruckenden Preisen, welche ebenfalls fernab der Realität 25. Stockwerke weiter unten auf der Strasse, allerdings dafür mit einem unschlagbaren Sonnenuntergang. Welch bizarre Orte es gibt, in und über dieser Stadt.




Sonntag, 1. März 2020

Stadt, Land, Fluss II


Fern ab von Ozean und Zivilisation auf dem Land sieht die Umgebung mit dem Ende des Harmattans mittlerweile stark verändert aus. Bei sehr wenig Vegetation -sämtliches, ursprünglich hohes Gras ist mittlerweile entweder vertrocknet oder verbrannt- hat sich das Antlitz der Berge vor der kommenden Regenzeit stark gewandelt. Dadurch bieten sich erfreulicherweise zahllose neue Varianten die umliegenden Berge zu begehen. Am altbekannten Mt. Krobo sind in dieser Zeit Routen, Bergseiten und Felsformationen die sonst nahezu unzugänglich oder erst nach massivem bushwhacking erreichbar sind, nun beinahe ein Spaziergang. Oder zumindest fast. 
So kommt man zum jetzigen Zeitpunkt an zahlreiche Felswände, einzelne Steinsbrocken und Formationen deutlich leichter heran, als wenn Mutter Natur hier ihre grüne Hölle aufgebaut hat. Auf dem Weg zum Gipfel konnten dadurch -kundigen Lesern ggf. bekannte- klassische kleine und große Felsen mit klangvollen Namen wie Aethelstan, den Skeleton Rock, Bushrat’s Tooth und der Diamond Splinter erklommen werden. Im Anschluss konnten dann zusätzlich noch die Lamb Chops am Gipfel durch the Cathedral von einer völlig neue Seite erreicht werden. Genau wie der gesamte Berg war auch das abschließende BBQ with a view mehr als pittoresk.  Dank der Kenntnis der Ghana Mountaineers -und alle Sicherungen vom Ghanaischen AlpenVerein abgesegnet - ein genialer Tag am Berg mit einem mehr als verdienten Ausklang an Bar und Pool.